WooCommerce und Shopify sind beides sehr beliebte Shopsysteme. Im direkten Vergleich könnten sie aber kaum unterschiedlicher sein. In diesem Artikel findest du die wesentlichen Vor- und Nachteile beider Systeme in Bezug auf Flexibilität, Hosting, Bedienbarkeit und Kosten im direkten Vergleich.
SaaS vs Open-Source-Software
Shopify ist eine Software as a Service (SaaS) und damit ein geschlossenes System. Wer Shopify nutzen will, meldet sich auf der Website an und erhält sofort ein fertig nutzbares Shopsystem.
Im Gegensatz dazu ist WooCommerce Teil der Open-Source-Software WordPress. Der Code ist für Anwender kostenlos, muss aber dafür bei einem Hoster der Wahl selbst gehostet werden. Viele Hoster bieten die Installation allerdings als kostenlosen Service mit an. Der tatsächliche Setup-Aufwand für den Anwender dürfte also nur unwesentlich größer sein im Vergleich zu Shopify.
Ob Theme, rechtliche Grundlagen, Payment Anbieter, Rechnungen und Fulfillment – das Setup dürften in beiden Shopsystemen ähnlich umfangreich sein, wenn es auch jeweils etwas anders funktioniert. Schau am besten in diesen WooCommerce Guide oder diese Shopify Anleitung für einen detaillierten Vergleich.
Vor- und Nachteile von Shopify (SaaS)
Eine SaaS liefert ein Komplettpaket aus Software und Infrastruktur. Der größte Vorteil von Shopify liegt darin, dass die Software für Anwender immer auf dem neuesten Stand ist auf und einer optimierten Infrastruktur läuft. Regelmäßige Wartung oder Aktualisierung von Hard- oder Software sind nicht erforderlich, bzw. passiert das automatisch im Hintergrund. Als SaaS stellt Shopify auch strenge Anforderungen an Drittanwendungen (Apps). Alle Apps im Shopify App Store erfüllen also i.d.R. einen Mindeststandard an Qualität. Da die Apps aber aus aller Welt kommen, ist der genaue Datenfluss zwar nachvollziehbar, aber in alle Welt mehr oder weniger garantiert.
Der größte Nachteil einer SaaS wie Shopify ist eine gewisse Unflexibilität. Als Anwender muss ich das Shopsystem so nutzen, wie es der Hersteller anbietet. Es gibt keine Möglichkeit, Einfluss auf die Infrastruktur zu nehmen (z. B. Server oder Datenverkehr ausschließlich in der EU). Das wäre nicht nur performanter, sondern kann auch zu einem echten Problem mit der Datenschutzbehörde führen, wie dieses Beispiel zeigt. Als kanadischer Anbieter mit Haupt-Markt in den USA zeigt aber offenbar wenig Interesse daran, eine für Deutschland geeignete Infrastruktur zu bieten.
Auch bei Funktionen gibt es bei SaaS Limitierungen. Anpassungen am Theme (Frontend) sind über den Theme-Editor möglich, auch auf Code-Ebene. Es gibt allerdings Einschränkungen wie die Checkout-Seite, auf die man erst im Plus Tarif (ab 2.000 USD / Monat) Zugriff hat.
Vor- und Nachteile von WooCommerce (Open Source)
Das Problem mit der Unflexibilität gibt es bei WooCommerce nicht. Als offene Software bietet WooCommerce Zugriff zu jeder Zeile Code, auch im Checkout und auch bei Dritt-Anwendungen. So können nicht nur Design, sondern auch Funktionen beliebig erweitert, angepasst und oder neu entwickelt werden.
Plugins, Themes und Editoren bieten zwar jede Menge “fertige” Funktionen an. Wenn es aber irgendwo Anpassungsbedarf gibt, können diese von Entwicklern auch in bestehenden Plugins und Themes angepasst werden. Damit ist man als Shopbetreiber nicht abhängig von der Roadmap des Shopbetreibers oder der von App-Anbietern.
Auch die Infrastruktur hat man mit WooCommerce selbst in der Hand. Du möchtest, dass dein Shop in Deutschland bleibt und keine Daten an US-Firmen weiterleitet? Mit WooCommerce möglich, mit Shopify aktuell nicht!
Der größte Nachteil bei WooCommerce ist, dass die Wartung der Kernsoftware und Erweiterungen (Plugins) nicht automatisch erfolgt und eine Prüfung von einer zentralen Stelle nicht zwingend stattfindet. Der beste Indikator für Qualität sind Bewertungen aus der Community, sowie die Anzahl von aktiven Installationen. Beides wird im Plugin Directory von WordPress angezeigt.
Automatische Updates kann man zwar einstellen, allerdings ist die Kompatibilität aller Updates untereinander nie vollständig gewährleistet. Häufig sieht man bei Plugins zwar den Hinweis “getestet mit deiner Version”, aber ob Plugin A die Funktion von Plugin B nach dem Update beeinflusst, kann niemand versprechen. Die Lösung ist daher, vor den Updates jeweils ein Backup beim Hoster zu machen, dann Aktualisierungen durchzuführen und anschließend zu testen. Wer das nicht selbst machen will, könnte das über einen Wartungsvertrag auch auslagern.
Bedienbarkeit
WooCommerce ist eine Erweiterung für das beliebte Blogging-CMS WordPress. WordPress wurde gemacht, um Content zu schreiben und zu veröffentlichen.
Die Shop-Erweiterung WooCommerce reiht sich in die bestehenden WordPress Funktionen mit ein. Nach der Installation erscheint WooCommerce im linken Seitenmenü. Von hier aus können Bestellungen verwaltet werden. Auf einen Blick sind Bestellnummer, Kunde, Status (bezahlt, versendet, etc.) und der Umsatz sichtbar. Ein Klick auf die Bestellung offenbart weitere Informationen.
Shopify hingegen ist bekommt man ähnliche Informationen, aber die Bedienung wirkt insgesamt etwas moderner und kann besser mit größeren Datenmengen umgehen. Man merkt, dass Shopify ein Shop-First-System ist.
Marketing & SEO
Hier zeigt sich die volle Stärke von WooCommerce. WordPress ist und bleibt eines der besten Content-Management-Systeme und ist die ideale Basis für alle, die nicht nur Produkte verkaufen wollen, sondern vor allem auch auf SEO Marketing setzen.
Zugegeben, das ist eine langfristige Strategie – aber auch die nachhaltigere.
Shopify bietet ebenfalls eine Möglichkeit, Blogposts zu veröffentlichen. Die Unflexibilität zieht sich aber auch hier durch (z. B. in der starren URL Struktur). Wer SEO Basics umsetzen möchte, kann das teilweise mit Erweiterungen wie der von z.B. Yoast umsetzen. Spätestens bei Review- oder FAQ-Schema-Snippets hören die aktuellen Lösungen für Shopify aber dann auf. Auch das Content-Management von bestehenden Texte ist nicht ideal. Der Editor kann mit dem Gutenberg-Editor von WordPress nicht mithalten und wirkt etwas in die Jahre gekommen.
Auch hinsichtlich Performance sind die Optimierungsmöglichkeiten von Shopify begrenzt. Die Server laufen in den USA, Caching und Bilderoptimierung wird (zu einem gewissen Teil – nur Titelbilder aktuell) von Shopify übernommen, CDNs helfen bei der Auslieferung. JS- und CSS-Optimierungen sind aber möglich.
Bei WooCommerce hättest du die Möglichkeit, gezieltere Optimierungen vorzunehmen, z. B. Erweiterungen für die Bilderkomprimierung oder technische Optimierungen im Detail vorzunehmen. Das Angebot für sinnvolle SEO Erweiterungen ist deutlich besser bei WordPress.
Kosten
Bei den Kosten wird der Unterschied zwischen WooCommerce und Shopify am deutlichsten.
Shopify bietet folgende Standardtarife an:
Basic (27 € / Monat) – Alles, was man zum Start braucht
Shopify (79 € / Monat) – Lohnt sich bei höheren Umsätzen wegen geringerer Payment Gebühren
Advanced (289 € / Monat) – Lohnt sich, wenn komplexe Prozesse abgebildet werden sollen
Dazu kommen Kosten für ein Theme, Apps und Zahlungen. Da Zahlungsgebühren bei jedem Shopsystem gleich oder ähnlich sein dürften, spielen sie in diesem Vergleich keine Rolle.
Bei Apps wird der Unterschied aber deutlich. Die Nutzung eines Cookie-Consent-Tools kann hier schonmal 7,40€ / Monat kosten (beeclever). Die Abo-App Recharge verlangt beispielsweise 1% + 0,10 USD von jeder Zahlung zusätzlich zu Payment Gebühren. Dieses Monats- und Umsatz basierte Modell ist nicht ungewöhnlich bei Shopify und kann – je nach Anwendsfall – die Kosten schnell in die Höhe treiben.
Wie bei WooCommerce auch gibt es auch bei Shopify kostenpflichtige Themes. Diese kosten allerdings gut und gerne mal 300 USD (einmalig). Bei WooCommerce/Wordpress liegt die typische Preis-Range bei 50-80 USD einmal + ggf. eine Support-Pauschale alle 12 Monate.
Bei WooCommerce ist der größte Kostenfaktor das Hosting. Je nach Anbieter gibt es für WooCommerce geeignetes Hosting ab ca. 30 € – 60 € / Monat. Dafür fällt keine weitere monatliche Grundgebühr für WooCommerce oder WordPress an.
Erweiterungen bei WooCommerce sind jedoch deutlich günstiger.
Um bei der Abo-Lösung im Vergleich zu bleiben: diese kostet bei WooCommerce lediglich 200 USD / Jahr. Bei einem Abo-Umsatz von 50.000 € lägen die Kosten dafür allein bei Recharge bei 600 € monatlich(!). Mit WooCommerce Subscriptions fallen neben den 200 USD / Jahr keine zusätzlichen Kosten.
Das ist nur ein Beispiel, aber es zeigt die grundlegenden Unterschiede in der Preisgestaltung zwischen WooCommerce und Shopify sehr gut. Bei aktiver Nutzung dürfte Shopify daher das teurere System sein.
Fazit: WooCommerce vs Shopify
Beide Shopsysteme haben ihre Vor- und Nachteile und ich bin Fan von beiden. Insgesamt liegt WooCommerce aber bei Flexibilität und Kosten vorn. Shopify hingegen gewinnt für mich bei der User-Experience und lässt sich besser auch mit einer größeren Anzahl von Produkten bedienen. Dafür gibt es Abzüge beim Thema Hosting/Datenschutz und Flexibilität.
Über den Autor
Christian Häfner ist Blogger, Onlinehändler und ehemaliger SaaS-Mitgründer. Seit 2011 baut immer wieder Online Geschäftsmodelle auf und reist dabei als Digitaler Nomade gerne um die Welt. Auf seinem Blog lsww.de teilt er regelmäßig seine Erfahrungen als Online Unternehmer und gibt Tipps für alle, die ein Online Business auf und ausbauen möchten.
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